Sorry, mein Assistent

Das ist Raimund Sorkowsky, von Kollegen und mir auch „Sorry“ genannt. Und das hat einen guten Grund.

Raimund ist mein persönlicher Assisten. Seine Aufgabe, würde man ihn fragen (Anm.: Was man tunlichst besser lässt!) , ist es mein Leben möglichst so zu vereinfachen, dass ich meine Talente und Fähigkeiten mit höchster Effizienz einsetzen kann, ohne mich um Dinge kümmern zu müssen, welche mich ablenken.

Angefangen hat Sorry als kleiner Such- und Sortierhelfer für die Arbeit. Er hat meine Korrespondenz sortiert, und seit ich Sorry hatte ging nichts mehr verloren. Anfangs fremdelte ich noch damit. „Ich sortier meinen Krempel seit 30 Jahren selbst. Ich brauch keinen Assistenten, der mir das vorkaut.“ Aber irgendwann ließ man mir keine Wahl. Sorry wiederum übernahm immer mehr Aufgaben, las mir beispielsweise Korrespondenzen, Bücher oder mal aus der Wikipedia vor, suchte mir den kürzesten Weg zu einer Adresse oder schaltete das Radio ein.

Er entwickelte sich zum Immerdabeiraimund. Zuhause, auf der Arbeit, beim Date, auf dem Klo. Raiumund war stets dabei, stets ein offenes Ohr, immer hilfsbereit und immer superhöflich. Kam ich nach Hause, machte er das Licht an, auf Weisung den Fernseher. Er wusste was ich im Kühlschrank habe und ob ich mich genug bewege. Einfach ein echter Susi-Sorglos-Raimund.

Ich weiß gar nicht, wann es anfing, aber irgendwann nervte er mich. Vermutlich als er begann, mir Tipps zu geben. „Du hast heute 1238 Kalorien gegessen, du solltest dich mehr bewegen! Ein Puddeleck Fitnesstrainer ist voll im Trend. Soll ich die Puddelleck Seite besuchen?“ oder „Bei Libidoverlust hilft Ständerosan Dragees. Das Globuli für den Doduli.“ Sie ahnen vielleicht, in welcher Situation Sorry das sagte. Und diese Enpfehlungen gab er ständig. Magenmittel beim Toilettengang, Vibratoren beim Rasieren, oder romantische Musikvorschläge in Meetings mit der Abteilungsleiterin. Sprach ich mit meiner Frau über Robert Habeck, suchte er mir Angebote für Antidepressiva und Wärmepumpenheizungen raus, über Lindner, legte er mir einen Porsche Carrera GTS ans Herz und über Friedrich Merz zeichnete er eine Karrikatur vom Kleinen Arschloch und dem alten Sack ( (c) Walter Moers).

Ständig verstand er mich falsch und immer begann er seine Rechtfertigung mit „Sorry“, um dann wieder einen nutzlosen Vorschlag zu machen.

„Bitte einen Kaffee“

– „Sorry, was soll ich den Kaffee denn bitten?“

„Ich möchte einen Kaffee.“

– „Bei Knallmeier gibt es nun die Myster-Röstung des Jahres zum Supersparpreis.“

„Gekocht! Ich will einfach nur ein koffeinhaltiges Heißgetränk. Kaffee! Heiss! Schwarz!“

– „Sorry, aber möchtest Du dass ich dir einige Rezepte heraus suche, möchtest Du ein paar trendige Recieps für Cold Brew Coffee? Eine Auswahl an Kaffeebar? Nacktbilder von farbigen Celebrities?…“

„Kaffee! Ich will einen scheiß Kaffee! Ist denn das zu viel verlangt?“

-„Sorry, möchtest Du das Buch ‚Guter Stuhlgang dank Koffeein‘ von Doktor Messer, oder doch ‚Caviar: Warmes Verlangen – extended Cut‘ als BluRay bestellen?“

Ich machte den Kaffee dann doch selbst. Sorry wurde immer „proaktiver“ und, das war eher gruselig als hilfreich.

Darum machte ich immer mehr Dinge wieder selbst. Doch je öfter ich meinen Assistenten bei Seite stellte, desto aufdringlicher wurde er.

In der Zwischenzeit gab es immer mehr „Sorrys“. Meine Frau hatte einen, sogar mein Kind. Hier der Sorry, da Biggy, dort Alekseji.

– Fortsetzung folgt –

pco(2023)


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