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Das Grundsatzprogramm der AfD interpreiteren

Zur Blog-Reihe „DasGrundsatzprogramm der AfD“ fällt mir bei Lesen immer mehr auf, dass die Interpretation des Gelsenen und der Kontext zur gelebten Politik in Wort und Schrift wichtig sind.

Zu Anfang dachte ich, ein paar Zitate „wirken zu lassen“ reicht aus. Aber gerade mit dem Superstar der AfD ergibt erst ein verbindender Kontext Sinn.

Das große Problem ist, dass man Hitler als absolut böse darstellt’, sagte Herr Höcke. ‘Aber wir wissen natürlich, dass es in der Geschichte kein Schwarz oder Weiß gibt.

Björn Höcke ggü. DEm wall street Journal

Weitere Informationen zum Gerichtsverfahren und dessen Ausgang findet man bei diversen Medien, Faktenchecks usw.

Hr. Höcke hat sich von einer Verherrlichung Hitlers daraufhin wie folgt distanziert: dass „interessierte Mächte“ den Krieg nicht verhindert hätten bzw. auch jedem Krimminelken etwas (sinngemäß) liebenswertes inne wohne. (Quelle: Corrctiv.org)

Geschichtlich belesene wissen um den Hitler-Stalin-Pakt, der zumindest aus Russland das Signal sendete: Mach Polen weg! Nur Stalin war halt auch ein Drecksack. Das kann also Hr Höcke nicht meinen.

Es bleibt nur der Erklärungsversuch der Täterumkehr und hier wirds ekelig.

Die NSDAP bediente sich stets der Dolchstoßlegende, der eigendlich unbesiegten deutschen Armee, der von einer schwachen Führung die Kapitulation aufgezwungen wurde.

Und hier wechsel ich mal die Vokabel aus. Diese Sicht ist keine Legende, sondern eine alle Fakten ignorierende Lüge.

Der wirklich drakonische Versailler Vertrag, der enorme Reparationen Deutschlands an die Siegermächte forderte und zur französischen Annexion des Ruhrgebietes (1923-25) führte, förderte den Glauben an diese Lüge.

Die NSDAP hat zu keiner Zeit einen Hehl daraus gemacht, dass sie zum vermeindlich „gestohlenen Sieg“ ein Rückspiel anstrebt. Auch der Judenhass war völlig unverhohlen schon 20 Jahre vor dem Krieg Thema und vermeindlicher Grund für alles Unglück, nicht zuletzt die Wirtschaftskrise von 1929.

Die NSDAP fand für jedes Problem einen Schuldigen.

Zu jeder Zeit musste jedem klar sein, was passiert, kommt der Verein an die Macht. Die ehemalige Aristokatie und Kaisertreuen wollten die Weimarer Republik fallen sehen und förderten die Nationalsozialisten, von außen kam kein Widerstand und das Volk schien die Geschehnisse abzuwarten.

Hat Höcke also Recht?

Das 25-Punkte Parteiprogramm der NSDAP (1920) ähnelt in einigen wesentlichen Punkten dem Grundsatzprogramm der AfD. Ablehnung des existierenden Systems, Macht dem Volk wieder geben, Nationalstaat gründen.

Einige Dinge sind natürlich nur im geschichtlichen Kontext sinnhaft.

Die AfD bedient sich gleicher Narrative und fährt mit gleicher Ohnmacht und Hass in der Bevölkerung Erfolge ein, wie einst die NSDAP.

Nur, der zweite Weltkrieg und die Leitfigur Adolf Hitler sind ein Problem. Diktatur, millionenfacher Mord, Krieg. Schlecht fürs Marketing.

Wenn Höcke nun sage „Hitler war nicht nur böse“ dann hat er ja nicht gesagt, dass er gut war. (Fun Fact: Doch!)

Vielleicht haben andere ihn böse gemacht? Höcke lenkt ab, denn in der Rechtfertigung geht es nicht mehr um Hitler in Person, sondern die Konsequenzen des Dritten Reichs (Krieg, Mord…). Es ist ihm also wichtig, die Strahlkraft Hitlers als Tyrann zu entschärfen, ihn zu vermenschlichen, um letztlich was zu erreichen?

Eine neue Dolchstoßlüge.

Das AfD Grundsatzprogramm ist viel weniger krass, wirkt viel weniger aus der Zeit gefallen, aber es bedient sich der gleichen Verachtung, der gleichen Attitüde und dem gleichen geschichtsverdrehenden „Traditionabewustsein“.

Der Wolf hat Kreide gefressen. Erst im Kontext der Aussagen von AfD-Mitgliedern, den vertetenen und gezeigten Werten in Kombination mit realem geschichtlichen Hintergrund ergibt sich ein Bild.

Hält man beides nebeneinander ergibt sich ein extrem schlechtes Menschenbild.

Ob die Partei als ganzes ihr Programm als nationalsozialistisch ansehen kann ich nur spekulieren.

Dass es aber so verstanden werden könnte, bezweifle ich persönlich nicht.

Und dass bestimmte AfD Parteimitglieder es genau so interpretieren, wäre blauäugig zu leugnen.

pco(2023)

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